29. Januar 2010
Harald Hurst — „Des mir!“
Auf den Einbänden seiner Bücher kann man die Jahre ins Land ziehen sehen. Am 29. Januar 2010 ist Harald Hurst, der bekannteste Dichter badischen Zungenschlags, 65 geworden und hat mit „Des mir!“ (G. Braun Buchverlag), „Geschichten und Gedichte“ zum sechsten, sein erstes Alterswerk bescheinigt bekommen.
Das liegt nur vordergründig am gereimten, Zwischenfazit „Die Balz isch vorbei“ und gar nicht mal an Schauplätzen wie der 60er-Feier mit ihren ergrauten Gästen, die sich zwischen Blutdruckmessgerät-Zweitverwertern und E-Wok-Mitbringern tatsächlich an die Ansage „Schenkt mir bitte nix, was rumsteht“ gehalten haben und „Mit leere Händ“ aufgelaufen sind. Die meisten Indizien für eine Alterswerkthese dürfte die 83-seitige Verflechtung „De Wildsaukopf vom Lamm oder G’schichte wie Kraut un Rübe“ bereit halten, die annähernd das halbe Buch füllt.
In wunderschön beiläufig-badischem Tonfall hat’s Hurst vom Bifi, dessen Vadder, der Ich-Erzähler, unverhofft die Beach Party in der Fußgängerzone unsicher macht; dann schwenkt er gnitz über zur Titelstory, um SWR-Moderatorin Tanja Schwerdtle alias Sonja Schrecklein in einer Paradeparodie zum Drehpunkt bissig-schwäbischsprachiger TV-Satire zu machen; und schließlich verliebt sich Hursts Alter Ego als letzter Lamm-Gänger im Nachfolgelokal Charly’s Lounge unwissentlich in die neue Freundin vom Bifi. Der Hitzewallung folgen väterliche Gefühle. Und die Ex-Frau…
Es ist diesmal weniger denn je der Alltag seiner Mitmenschen, sondern sein eigener, den Hurst in „Des mir!“ beschreibt. Zwischen den autobiografischen Anleihen gibt sich der badische Bestseller vor allem in Altersangelegenheiten auffallend selbstironisch. Ganz zeitlos dagegen der Vater-Sohn-Monolog, in dem der Anglistik-Lehrer im Autoren durchbricht: Und so lernen wir den korrekten Gebrauch der vollendeten Zukunft — die ja auch immer ein bisschen Wunschdenken mitschwingen lässt — bei der finalen Geschichte „Futur Zwo“. Es werden nicht Hursts letzte gewesen sein.